Eschentriebsterben


HOV als Praxispartner bei dem Projekt „FraDiv“ der Universität Kiel


Eschenreiche Wälder gehören zu den artenreichsten Waldökosystemen Deutschlands. Sie bieten unter anderem Lebensraum für eine Vielzahl von Pilz-Verantwortungs- und Rote-Liste Arten, aber auch viele gefährdete Gefäßpflanzenarten sind dort zu Hause. Aktuell sind viele dieser Lebensgemeinschaften durch das Eschentriebsterben bedroht. Das durch den Schlauchpilz Hymenoscyphus fraxineus (Synonym: H. pseudoalbidus) ausgelöste Absterben von Eschen jeden Alters hat sich in den letzten Jahren von Nordost- und Nord- über Mitteleuropa bis nach Westeuropa stark ausgebreitet. Aufgrund des Absterbens und Zusammenbrechens der Esche, aber auch aufgrund forstlicher Maßnahmen verändern sich die Standorte in kurzer Zeit und können sogar für die bedrohten Arten als Lebensraum vollständig verlorengehen.

Besonders im Umfeld alter Eschen wurden in Schleswig-Holstein bisher fast 800 Großpilzarten nachgewiesen, darunter viele Verantwortungs- und wertgebende Arten. Insofern können Alteschen und ihre Umgebung bei geeigneten Bodenbedingungen und langer Standortkontinuität oft als „Hotspots der Pilzartenvielfalt“ bezeichnet werden. Oft kommen an diesen Standorten auch viele gefährdete Pflanzenarten vor.

So genannte Endophyten und Mykorrhizabildner aller Art unter den Pilzen helfen Waldbäumen bei der Aufnahme von Wasser und Nährstoffen. Insbesondere Ektomykorrhizapilze, aber auch andere Pilzarten, sorgen zusätzlich für die Vernetzung der Bäume untereinander über Artgrenzen hinweg sowie mit krautigen Pflanzen und Moosen („wood wide web“, „Internet im Untergrund“). Eine intakte Pilzgemeinschaft macht den Wald somit stabiler und leistungsfähiger gegen schädliche Umwelteinflüsse wie den Klimawandel. Ein funktionierendes Waldboden-Ökosystem spielt im Naturgemäßen Waldbau eine entscheidende Rolle. Folglich ist es nicht nur aus Sicht des Naturschutzes, sondern auch aus Perspektive der Forstwirtschaft von größtem Interesse, einen möglichst großen Teil der eschenassoziierten Pilzvielfalt in die Zukunft zu retten.

Das Projekt FraDiv der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel ist ein Projekt des Bundesprogramms Biologische Vielfalt. Es trägt dazu bei, in Zusammenarbeit mit Praxispartnern in Schleswig-Holstein Empfehlungen und Maßnahmen zur Erhaltung dieser Biodiversität unter den Bedingungen des Eschentriebsterbens zu entwickeln und umzusetzen. Die HOV und die Forstbetriebsgemeinschaft Eckernförde sind als Praxispartner dabei. Gefördert wird das Projekt vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU), Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung in Schleswig-Holstein (MELUND).

https://biologischevielfalt.bfn.de/bundesprogramm/projekte/projektbeschreibungen/bedeutung-des-eschentriebsterbens-fuer-die-biodiversitaet-von-waeldern-und-strategien-zu-ihrer-erhaltung-fradiv/

 


Fra Div Praxisbeispiele: Die Demonstrationsflächen und Referenzflächen bei der Herzoglich-Oldenburgischen Forstverwaltung


Im Revier Kasseedorf der Herzoglich-Oldenburgischen Forstverwaltung wurden von der Universität Kiel sechs Versuchsflächen und sieben Beobachtungsflächen eingerichtet, auf denen verschiedene Fragestellungen erforscht werden, wie etwa die Rolle der Pilzvielfalt für die Vitalität der Bäume und den Etablierungserfolg von Jungeschen, die Auswirkungen des Eschensterbens auf die Vegetation und Pilzvielfalt, die Funktion von Ersatzbaumarten und vieles mehr.

Zudem werden von der HOV durch das Eschentriebsterben geschädigte Eschenwaldflächen zu Demonstrationszwecken ausgewählt. Sie zeichnen sich durch eine hohe Artenvielfalt, eine vielfältige Baumartenmischung oder das Vorhandensein noch vitaler oder zumindest subvitaler Alt-Eschen aus. Die Schädigung erfordert waldbauliche Maßnahmen. Diese Maßnahmen werden naturschutzfachlich begleitet und gewichtet. Ein Ziel ist es, die eschenspezifische Biodiversität zu erhalten. So wird das noch vorhandene oder anfallende Totholz der Eschen als Quelle der Biodiversität erhalten und nicht entnommen. Auf einem Teil der Flächen, auf denen die Esche größtenteils inzwischen ausgefallen ist, werden Ersatzbaumarten gepflanzt oder deren Naturverjüngung gefördert, von denen wir annehmen, dass sie ebenfalls für die mykologische Diversität der Eschenstandorte von großer Bedeutung sind (Flatterulme, Spitz-, und Bergahorn, Vogelkirsche, Winterlinde, Hainbuche und Schwarzerle). 

Im weiteren Verlauf des Projektes werden auch Referenzflächen ausgewählt. Hier wird für 30 Jahre eine natürliche Entwicklung zugelassen.Darüber hinaus werden für die Biodiversität besonders wertvolle alte Eschen (vital oder als stehendes Totholz), Ulmen, Ahorne und Buchen aus der Nutzung genommen. 








Noch vitale und subvitale Alteschen werden bei der Herzoglich-Oldenburgischen Forstverwaltung gezielt als „Refugien und Quellen der Biodiversität“ erhalten. 













Eine der im Frühjahr 2019 gepflanzten Flatterulmen auf einer Demonstrationsfläche im Waldgebiet Wildkoppel Kasseedorf. Flatterulmen sind natürliche Begleiter an vielen Eschenstandorten und können wahrscheinlich zur Stabilisierung der typischen Pilzgemeinschaft (Funga) beitragen. 


























Zusammen mit Revierförster Ulf Köhn sucht das FraDiv-Team von der Universität Kiel die Untersuchungsflächen aus und misst sie ein. Links ist eine alte Flatterulme mit den charakteristischen Brettwurzeln zu sehen. 






Boletus delipatus ist ein seltener Röhrling, der gerne bis bevorzugt an Eschen-reichen Standorten vorkommt und damit durch das Eschensterben stark gefährdet ist.

Aquarell: Tanja Boehning